„Unser Leben, Beten und Feiern berücksichtigt die unterschiedlichen Altersgruppen, Begabungen, Lebensformen und Lebenswelten.“ Unsere Vision

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Mensch Ahlen! Lebe Freiheit!

Das ist das Statement der bistumsweiten Demokratiekampagne, an der sich unsere Pfarrei St. Bartholomäus beteiligt. „Demokratie ist nicht nur die beste aller Staatsformen, sondern eine Lebensauffassung“, betont Bischof Dr. Felix Genn bei der Eröffnung der Kampagne.
Im Rahmen dieser Aktion wurden die Gottesdienste am Samstag und Sonntag des 8. und 9. Februars thematisch auf die Bedeutung von Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt ausgerichtet. Dabei sollte deutlich werden, dass der christliche Glaube und demokratische Werte untrennbar miteinander verbunden sind. Als Christinnen und Christen sind wir aufgerufen, uns für Gerechtigkeit, Frieden und ein respektvolles Miteinander einzusetzen.
Zudem fand am Samstag, den 08.02., die Demonstration “Wir für Demokratie” vom Friedensbündnis auf dem Ahlener Marktplatz statt. Ca. 700 Menschen beteiligten sich an der Kundgebung, um ein klares Zeichen für eine offene und tolerante Gesellschaft zu setzen.

Die Frage nach dem "Warum" bleibt

Gemeindeversammlung zum Thema sexueller Missbrauch am 28.01.2025
von Maria Kessing, 30.01.2025
Quelle: Ahlener Zeitung, Kirche und Leben

Ahlen. Das Holzkreuz an der Wand im Gemeindesaal von St. Ludgeri hängt etwas schief. Unter dem Gekreuzigten sitzen zwei Vertreter des Bischöflichen Generalvikariats aus Münster. Eva-Maria Kapteina, Juristin und seit 2024 Interventionsbeauftragte des Bistums und Dr. Stephan Kronenburg, Pressesprecher des Bistums haben an diesem Abend keinen leichten Stand. Sie sind nach Ahlen gekommen, um Mitgliedern der Pfarrgemeinde St. Bartholomäus, Rede und Antwort zu den Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs eines von Bischof Felix Genn suspendierten Priesters aus Beckum zu stehen (wir berichteten). Und sie müssen zugeben, dass etwas in Münster gehörig schief gelaufen ist in diesem Fall, der die Gemüter Ahlener Katholiken seit Bekanntwerden der Vorwürfe bewegt.

Bei Mitarbeitern und Gemeindemitgliedern sind in den vergangenen Tagen Tränen geflossen. Und auch am Dienstagabend kann Pastoralreferent Ralf Peters nur mit Mühe seine Tränen unterdrücken. „Der Gesprächsbedarf und die tiefe Bestürzung sind groß“, berichtet Pfarrer Bernd Egger. Und das hat einen Grund: Der betroffene Pfarrer stammt aus Ahlen. Nachmittags hat Egger einen Hausbesuch bei einer älteren Frau gemacht, die sich noch gut an die Heimatprimiz des Mannes erinnern kann. „Es gibt ganz viele Bezüge und gute private Beziehungen zu St. Bartholomäus“, sagt Egger, der sich einen guten Umgang mit dem Thema wünscht und deshalb die Vertreter des Generalvikariats nach Ahlen eingeladen hat.

Eva-Maria Kapteina geht zunächst auf die Vorgeschichte ein. Gegen den Priester hatte es bereits 2015 und 2019 Vorwürfe grenzüberschreitenden sexuellen Verhaltens gegeben. Das ursprüngliche Verfahren wurde jedoch mangels hinreichender Erkenntnisse von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Auch die kirchenrechtliche Voruntersuchung kam zu keinem anderen Ergebnis.

Aufgrund eines Hinweises von der Loburg in Ostbevern (Gymnasium und Internat), an der der Priester von 1996 bis 2002 als Spiritual gearbeitet hat, wurde von der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen (UKA) in Bonn im Jahr 2022 eine Auszahlung an den Betroffenen angewiesen, für die das Bistum Münster zuständig war. Den neuen Vorwürfen gegen den Priester wegen sexuellen Missbrauchs in den Jahren 2000/2001 ist man in Münster jedoch erst im vergangenen Jahr nachgegangen. Eva-Maria Kapteina, die seit 2024 nach der Pensionierung ihres Vorgängers als Interventionsbeauftragte im Amt ist, erklärt: „Die Vorwürfe sind derart relevant und plausibel, dass das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Münster abgegeben worden ist.“

Warum ist der Pfarrer nicht früher suspendiert worden? Warum hatte er weiter mit jungen Menschen in der Beckumer St.-Stephanus-Gemeinde bei Firmvorbereitungen und anderen Aufgaben Kontakt? „Warum konnte der Mann auch zu seinem Selbstschutz weiter in einer Gemeinde eingesetzt werden. Das verstehe ich nicht“, kann auch Pastoralreferent Thomas Gocke es nicht fassen. Auf diese offenen Fragen haben auch die Vertreter aus Münster keine Antwort. „Das können wir uns nicht erklären, wir können nur spekulieren und Ihnen keine ehrliche Antwort geben“, bedauert Eva-Maria Kapteina. Und Dr. Stephan Kronenburg ergänzt: „Das ist eine absolute Ausnahme, dass nichts unternommen wurde.“ In aller Regel würden Priester bei solchen Vorwürfen „aus dem Verkehr gezogen“. Angesichts der vielen Ungereimtheiten macht Bernd Egger deutlich: „Ich weiß nicht, wie ich als Pfarrer die bischöflichen Behörden verteidigen kann.“ Dass er hin- und hergerissen und verzweifelt sei, sagt auch ein emotional sehr angefasster Pastoralreferent Ralf Peters. Er spricht von „wahnsinniger Ohnmacht, die in Wut umschlägt“. „Der Fall treibt mich von morgens bis abends um. Es wir uns immer schwerer gemacht, Kirche zu leben“, kritisiert Carola Paulmichl, dass sich eigentlich andere Vertreter des Bistums wie Generalvikar Dr. Martin Winterkamp den Fragen stellen müssten. „Ich kann Sie nur persönlich um Entschuldigung bitten, dass Fehler gemacht wurden“, erklärt Dr. Kronenburg. Es passierten „leider Gottes immer mal wieder solche Fehler“.

Zur Frage einer Verjährung des sexuellen Missbrauchs stellt Kapteina klar: „Verjährungsregeln sind kompliziert. Deshalb ist nicht von vorneherein klar, dass die Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen einstellt.“ An der Glaubwürdigkeit der Opfer bestünden keine Zweifel, auch wenn sie sich erst nach Jahrzehnten meldeten. Dem voraus gehe ein „langer Prozess stillen Leidens“, aus Scham könnten sich Betroffene selbst gegenüber nächsten Angehörigen nicht mitteilen, so die Gäste des Bistums. Da es mit Geld allein angesichts des seelischen Schadens nicht getan sei, gebe es weitere Hilfestellungen, wie die Übernahme von Therapiekosten, für die Opfer. Das Bistum habe aber auch eine Verantwortung gegenüber dem Beschuldigten, für den es ebenfalls Therapieangebote gebe.

Eva-Maria Kapteina rechnet mindestens ein Jahr für die staatsanwaltlichen und kirchenrechtlichen Untersuchungen. Danach müsse der Fall vorschriftsmäßig nach Rom gegeben. Der Pressesprecher verspricht den Anwesenden, dass die Öffentlichkeit übe den Verlauf und die Ergebnisse des Verfahrens weiter informiert würden. Pfarrer Bernd Egger spricht vielen Gemeindemitgliedern aus dem Herzen, als er zum Schluss sagt: „Es gibt kein zufriedenstellendes Ergebnis an so einem Abend. Das Thema spaltet auch in diesem Fall wieder. Er zeigt aber auch, wie wichtig es ist, die Augen offen zu halten, die Menschen zu sensibilisieren und vorbeugend aktiv zu sein.“

Von der Stirnseite des Gemeindesaals schaut der Gekreuzigte auf die fassungslosen Gemeindemitglieder, ihren weiter großen Redebedarf und leidet mit ihnen angesichts der Schieflage in der katholischen Kirche.

Quelle: Ahlener Zeitung, Kirche und Leben

Die Frage nach dem
Zur Suspendierung eines Priesters aus Beckum wegen des Vorwurfs des sexuellen Missbrauchs nahmen am Dienstagabend im Gemeindesaal von St. Ludgeri Stellung (v. l.): Pastoralreferent Ralf Peters, Pfarrer Bernd Egger, die Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Eva-Maria Kapteina und der Pressesprecher des Bischofs, Dr. Stephan Kronenburg.
Die Frage nach dem
Die Missbrauchsvorwürfe gegen einen aus Ahlen gebürtigen Priester wühlen auch die Gemeindemitglieder aus der Pfarrei St. Bartholomäus auf. Fotos: Maria Kessing